Mythos Multitasking vs. Taktik Task hopping
von Anna Eisner-Kollmann, 05.04.2024
Multitasking klingt nach Effizienz und Produktivität, doch wie realistisch ist dieses Ideal wirklich? Erfahren Sie, wie sich das ständige Hin- und Herspringen zwischen verschiedenen Tätigkeiten auf unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit auswirkt und warum das Bearbeiten von mehr als zwei Tasks gleichzeitig ein Mythos ist.
Vom Task hopping und Context switching
Vielleicht haben Sie schon von Multitasking, Task hopping und Context switching gehört. Diese Begriffe beschreiben verschiedene Formen der gleichzeitigen oder schnellen Abfolge von Aufgaben. Doch was bedeuten sie eigentlich und wie wirken sie sich auf unsere Produktivität aus?
Faszination Multitasking
Multitasking bedeutet, mehrere Tätigkeiten gleichzeitig auszuführen. In der Computertechnologie bezieht sich Multitasking darauf, dass ein Computer mehrere Programme zur selben Zeit bearbeitet, indem er mehrmals zwischen den Aufgaben wechselt. Dies ermöglicht es, dass viele Prozesse so ablaufen, als würden sie gleichzeitig stattfinden.
In Bezug auf menschliches Verhalten bezeichnet Multitasking die Fähigkeit einer Person, mehr als eine Aufgabe zur gleichen Zeit zu erledigen oder zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her zu wechseln. Es wird allerdings oft diskutiert, ob Menschen tatsächlich effektiv multitasken können oder ob es zu einer verringerten Produktivität und Qualität bei den einzelnen Aufgaben führt. Studien in der Psychologie und der Neurowissenschaft zeigen, dass das menschliche Gehirn Aufmerksamkeitsressourcen zwischen Aufgaben teilt und dass das sogenannte Multitasking die Leistung in mindestens einer der beteiligten Aufgaben oft beeinträchtigt.
„Im Vergleich zu Personen, die wenig multitasken, haben Personen, die viel Medien-Multitasking betreiben größere Schwierigkeiten, bei der Sache zu bleiben, weil ihre Aufmerksamkeit lückenhaft ist und sie nach einem Abschweifen von ihrem zielgerichteten Verhalten immer wieder neu zur Sache zurückfinden müssen. Dies kann auch zu geringeren Leistungen in anderen Bereichen, wie beispielsweise des Gedächtnisses führen“, geht aus einer Studie zum Thema Media Multitasking hervor.
Zeitdieb Task hopping
Eine Studie aus dem Jahr 2022 mit über 600 Teilnehmenden stellte fest, dass die Befragten versuchten, zweimal pro Stunde Multitasking zu betreiben. Das Wort „versuchten” ist dabei richtig gewählt. Wissenschaftlich ist bereits erwiesen, dass das gleichzeitige Ausführen konzentrationsbedürftiger Aufgaben neurobiologisch nicht möglich ist. Die menschliche Frontalfunktion im Gehirn scheint sich darauf zu beschränken, die Verfolgung von zwei Zielen gleichzeitig zu steuern. Es ist uns nur möglich, sehr schnell zwischen verschiedenen Aufgaben zu wechseln.
Task hopping beschreibt das ständige Springen zwischen verschiedenen Aufgaben. Man erledigt die Aufgaben nicht gleichzeitig (wie beim Multitasking), sondern bearbeitet diese hintereinander. Auch als Context switching bekannt, nimmt es nicht nur Einfluss auf die Produktivität und den Fokus, sondern auch auf die Zufriedenheit im Beruf.
Angenommen, wir würden nicht mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen, sondern tatsächlich zwischen ihnen wechseln. Sie kennen das doch sicher: Sie arbeiten an einem Bericht, plötzlich geht eine dringende E-Mail ein, die Sie sofort beantworten. Mitten in der Antwort klingelt Ihr Telefon mit einer Anfrage eines gestressten Kollegen. Sie hören aber nur halb zu und versuchen das Gespräch schnell zu beenden, weil Sie sich eigentlich schon auf das nächste Meeting vorbereiten. Keine unrealistische Szene, oder? Und schon sind wir mitten im Task hopping, im Prozess, bei dem man häufig zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her springt, anstatt sich auf eine einzelne Aufgabe über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren. Dies kann in stressigen Arbeitssituationen oder Umgebungen mit vielen Unterbrechungen und Ablenkungen vorkommen. Im Gegensatz zum effizient gedachten Multitasking, bei dem es theoretisch darum geht, Zeit zu sparen und Produktivität zu steigern, kann Task hopping oft ineffizient sein und zu verminderter Leistung führen. Das ständige Wechseln zwischen Aufgaben beansprucht kognitive Ressourcen, da das Gehirn immer wieder neu fokussieren und sich an den Kontext der jeweils anderen Aufgabe anpassen muss.
Statt die Arbeit zu beschleunigen, neigen viele Menschen dazu, ihren Fokus von einer Aufgabe zur nächsten zu wechseln, was zu einer kognitiven Umstellungsstrafe führt. Das Gehirn benötigt zusätzliche Zeit und Energie, um zwischen verschiedenen Kontexten hin- und herzuschalten, was den Fortschritt bei den Aufgaben deutlich verlangsamt. Dadurch fühlt man sich den ganzen Tag über beschäftigt, schafft aber letztendlich weniger und ist müder.
Task hopping kann negative Folgen für die Konzentration haben:
- Zerstreute Aufmerksamkeit: Durch das ständige Wechseln von Aufgaben wird die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und aufmerksam zu bleiben, beeinträchtigt.
- Verminderte Effizienz: Es dauert jedes Mal eine Weile, bis man sich in eine neue Aufgabe eingearbeitet hat, was die effiziente Erledigung jeder einzelnen Aufgabe erschwert.
- Erschöpfung der mentalen Ressourcen: Die ständige Umstellung erfordert mentale Energie und kann zu schnellerer Ermüdung führen.
- Fehleranfälligkeit: Wenn die Konzentration nachlässt, steigt das Risiko von Fehlern, da man nicht vollständig bei der Sache ist.
- Stress: Das Gefühl, überwältigt zu sein und nie etwas fertigzustellen, kann Stressniveaus erhöhen.
Kurz gesagt, Task hopping kann dazu führen, dass man weniger fokussiert und produktiv ist und sich letzten Endes gestresster fühlt.
Die Studie der NWI Next Work Innovation UG mit über 600 Befragten stellte fest, dass Beschäftigte in deutschen Unternehmen in ihrer individuellen Arbeit im Schnitt 15-mal pro Stunde unterbrochen werden. Man unterscheidet zwischen inneren und äußeren Fragmentierungen, also Unterbrechungen von außen oder jene, die man selbst hervorruft. Somit kommt es alle Minuten zu einer Unterbrechung. Die danach gebrauchte Zeit, um sich wieder auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, kostet deutschen Unternehmen 58,5 Mrd. EUR pro Jahr.
Man kann dabei zwischen internen und externen Ablenkungen unterscheiden:
Alternativen zu Task hopping und Multitasking
Um Task hopping und Multitasking zu vermeiden und die Produktivität zu steigern, können folgende Strategien hilfreich sein:
- Prioritäten setzen: Legen Sie fest, welche Aufgaben wichtig und dringend sind, und konzentrieren Sie sich darauf, diese zuerst zu erledigen. Bei der „Eat the Frog”-Methode wird das unangenehmste oder auch dringendste To-do („der Frosch”) gleich am Morgen erledigt, um den Tag mit einem Gefühl der Erfüllung und Zufriedenheit zu beginnen.
- Zeitblöcke einplanen: Widmen Sie spezifische Zeitfenster bestimmten Aufgaben, ohne in dieser Zeit andere Arbeiten zuzulassen. Planen Sie Zeitboxen am Tag ein und versuchen Sie sich in diesen auf nur auf jeweils eine Aufgabe zu konzentrieren, bis diese abgeschlossen sind.
- Ablenkungen minimieren: Schalten Sie Benachrichtigungen aus (Bitte-nicht-stören-Modus) und versuchen Sie, Unterbrechungen durch Kolleginnen und Kollegen oder Technologie zu reduzieren. Klingt zwar richtig einfach, aber ist dennoch sehr schwer in der heutigen Zeit: Lassen Sie doch mal Ihr Mobiltelefon in der Tasche und Sie werden sehen, wie oft Sie eigentlich automatisch und unterbewusst zum Handy greifen möchten.
- Pausen einlegen: Gönnen Sie sich zwischen verschiedenen Aufgaben kurze Pausen, um Ihre Energie wieder aufzuladen. Die Gehirnforschung bestätigt uns, dass wir nicht fähig sind, acht Stunden am Stück konzentriert zu denken. Bereits nach ungefähr 45 bis 90 Minuten sinkt unsere Aufmerksamkeit, Konzentration und Leistungsfähigkeit. Der Grund dafür: Unser Glykogenspeicher ist leer.
- To-do-Listen nutzen: Organisieren Sie Ihre Arbeit mit Listen und setzen Sie klare Ziele, um bei der Aufgabe zu bleiben.
Indem Sie diese Punkte umsetzen, können Sie geordneter und fokussierter arbeiten, was zu besserem Zeitmanagement und höherer Arbeitseffizienz führen kann.
Die Zeiterfassung ist ein effektives Instrument, um die versteckten „Zeitdiebe” wie Unterbrechungen in unserem Arbeitsalltag aufzudecken. Indem sie uns zeigt, wie viel Zeit wir wirklich für verschiedene Aufgaben benötigen, ermöglicht sie es, ineffizientes Task hopping oder vermeintliches Multitasking zu erkennen und unsere Arbeitsabläufe zu optimieren. Diese Transparenz hilft uns dabei, unsere Prioritäten besser zu setzen, unsere Zeit effizienter zu planen und Überarbeitung zu vermeiden.
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